Die Kröte: Neuer Psychedelik-Trend ohne Schattenseiten

Der Wirkstoff 5-MeO-DMT aus dem Sekret der Amphibie Bufo Alvarius, auch Kolorado-Flusskröte genannt, macht mehr und mehr Schlagzeilen. Wegen des immensen psychedelischen und entheogenetischen Potentials der Droge. Und wegen der scheinbar zunehmenden Artenbedrohung durch Wilderer oder Trip-Hippies, die der Kröte des Geldes wegen hinterherjagen.

Die Kröte, hauptsächlich in der Sonora-Wüste Mexikos, Kaliforniens und Arizonas beheimatet, sondert ein Sekret ab, welches das sehr stark und heftig bewusstseinserweiternde Tryptamin 5-MeO-DMT enthält. Dessen psycholytische Wirkung wird genutzt zur Therapie neurologischer Störungen wie Depression und Sucht, führt bei Konsumentinnen bisweilen aber auch zur völligen Dissoziation und akuten Vergegenwärtigung der eigenen Göttlichkeit. Schon baut sich in den USA rund um das sogenannte „Krötenlecken“ eine Gewinnschöpfungs-Maschinerie auf. Schamanen, Enthusiasten und Scharlatane, oft in Personalunion, bieten Krötenleck-Retreats zu Wucherpreisen an. Wie sicher und psychologisch versiert das dann abläuft, ist unreglementiert und eine Angelegenheit von „learning by doing“.

Krötenlecken ist ein neuer Trend, der aber eigentlich in den 1960er Jahren seinen Anfang nahm. Der interessante und hochgelobte Dokumentarfilm „Bufo Alvarius“, zu sehen auf Amazon Prime und anderen Diensten – hier geht’s zur Website des Films –, liefert die wichtigsten Infos und zeigt vor allem die intensiven Erfahrungen tschechischer Psychonauten, die zu kolumbianischen Schamanen reisen, um die Kröte in ihrer ursprünglichsten Form zu erleben. LSD-Forscher Stan Grov ist ebenfalls dabei und beschreibt seine eigenen 5-MeO-DMT-Erfahrungen.

Achtung: Artensterben

So vielversprechend das im Film klingt, es gibt wie immer eine Schattenseite. Die hat National Geographic, Papier gewordenes Legat des Wissenschaftsjournalismus, in einem lesenswerten Bericht nachkonstruiert. Als Bedrohung für die Kröte nennt NG erwartungsgemäß an erster Stelle das Axiom Klimawandel. Als tatsächlichere Gefahr entpuppt sich aber die Wilderei – in den USA darf die Kröte nur mit Jagd- oder Fischereilizenz berührt oder gar gemolken werden. Auch ist ein Biologe zur Stelle, der von der drohenden Insekteninvasion warnt, sollte die Kröte empfindlich dezimiert werden. Freilich, das Insektensterben ist ein anderes Thema. Zudem hat keine Amphibie gute Karten angesichts fortschreitender Zersiedelung und moderner Landwirtschafttechnologien. Andererseits, und das schreibt NG später auch, gibt es keinerlei Daten über den tatsächlichen Bestand der Kröte in allen Staaten, in denen sie vorkommt. Das macht die Warnungen – wie so oft in diesem Jahrzehnt – zu Spekulation und Wissenschaftlerei.

Fakt ist, dass 5-Meo-DMT auch in zahlreichen Pflanzen vorkommt, wie auch auf Wikipedia nachzulesen. Das amazonische Schnupfpulver Yopo und Blätter-Rauchmischungen namens Changa sind bekannte Beispiele. Auch ist die Droge im Labor mit wenig Aufwand synthetisierbar. Man könnte die Kröte also ohne weiteres in Ruhe lassen. Dagegen spricht die einzigartige Kombination der Wirkstoffe im Krötensekret, welches u. v. a. auch das ebenfalls psychoaktige Bufotenin enthält. Bufo Alvarius dürfte also für eine unverwechselbare psychedelische Erfahrung gut sein. Außerdem ist das Krötenlecken uralte Tradition in der schamanischen Medizin – in Lateinamerika halten indigene Schamaninnen diese durchaus legitim hoch. Wer die Medizin in ihrer ursprünglichsten Form kosten möchte, sollte sich also vielleicht doch beeilen.

5-MeO-DMT ist nicht zuletzt ein vielversprechendes Antidepressivum, wie zahlreiche Studien der jüngeren Zeit bestätigen – zuletzt berichtete das Schweizer Referenzmedium Lucys Rausch darüber.

Ein anderes internationales Referenzmedium – Die High Times – berichtet, dass Ende Juli 2023 dank der hohen Monsun-Niederschlagsmengen in Arizona die Kröte wieder in großer Zahl zum Balzgesang bläst: die Rede ist gar von einer Kröteninvasion. Da kann man sich nur freuen, dass die Natur noch so gut funktioniert.

Links:
• BUFO ALVARIUS – DER FILM
• This Toad Can Get You High – National Geographic-Artikel